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Cord Machens: "James Rizzi in Braunschweig - Glücksfall oder Fehlbesetzung"

Einleitung

Die Bedeutung des Schlossparks

Das Herz Braunschweigs ist ein Vakuum. Der undefinierte grosse Freiraum mitten in der Stadt, der nur an der geraden Bohlwegfront Halt findet und von dort nicht erreicht werden kann, bildet einen eigentümlichen Bezug in die Stadtgeschichte. Diese Wunde, die ohne Not nach dem Krieg geschlagen wurde, ist nie geschlossen worden und steht immer noch für den Verlust des "Alten Braunschweig" und für die vertanen Chancen. Platz also für Spekulationen und Utopien.

Anfang der Siebziger Jahre, als der Schlossplatz gerade im Verlauf des Hortenbaus sein jetziges Gesicht bekommen hatte, gab es dort Volksfeste: Ein Open Air Konzert mit der Kultband CAN und Klaus der Geiger aus Köln sang seine strassenproletarischen Lieder, ein Hauch von Freiheit mitten in der Stadt, im Niemandsland, ungefährdet, weil sichtbar, aber entrückt zugleich. Dabei bietet der Park wichtige Verbindungen: Vom Kleinen Haus zum Bohlweg, vom Ritterbrunnen zum Hortentunnel, vom Damm zum Ackerhof (Ein Weg übrigens, den mein Vater als Schüler immer ging, wenn er - in den Zwanziger Jahren - von der Celler Strasse ins Wilhelm Gymnasium musste.).

Die eigentümliche Form des Areals, einer Lanzenspitze vergleichbar, die von der Jasperallee aus nach Süden in die Stadt gestossen wurde, die zusammengewürfelte Bebauung, die eben keine reguläre Fassung ist, und die nur vage verbundenen Zonen, machen es schwer, das Gebiet zu benennen. Der Bollmannplan von 1981 nennt es "Schlossgarten", in Erinnerung an die Gärten hinter dem Schloss. Eingebürgert hat sich "Schlosspark" und auch "Schlossplatz", was sich aber nur auf die gepflasterten Partien im Westen beziehen kann, mit Böschung, Becken und Pavillon. Ein Garten ist es nicht, ein Park könnte es werden und ein Platz, ein öffentlicher, architektonisch definierter Raum, ist nur angedeutet. Während also der Park zum Bohlweg gefasst aber abgetrennt ist, ist das Magniviertel direkt erreichbar, der Übergang aber nicht betont. Die alten Häuser der Traditionsinsel scharen sich um die Magnikirche, ein harter Kern mit ungeschützten Flanken. Die unfertige, asymmetrische Turmfront unterstreicht fast symbolisch das Dilemma. Hier also muss etwas geschehen, aber muss es das Happy Rizzi House sein?

Die nun obsolete Pergolenanlage im Norden stammt aus den Sechziger Jahren, der Pavillon mit dem Wasserbecken, das ein wenig die Figur des Hortenbaus spiegelt, von 1973. Danach ist nichts Wesentliches geschehen, ausser klugen Gutachten. Vorschläge - wie die von Ungers - die, wenn sie zu ihrer Zeit verwirklicht worden wären, der Stadt geholfen und zudem Baugeschichte geschrieben hätten. Die Chancen sind, was die Randbebauung betrifft, wenigstens zur Hälfte vertan. Im Park selbst bleiben noch Möglichkeiten, die von den jetzt begonnenen Umbaumassnahmen kaum genutzt werden. "Erhöhung der Transparenz um dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung gerecht zu werden". Dazu dienen "frech" diagonal gestellte "attraktive" Staudenbepflanzungen, die die Allee begleiten, damit die gefährliche Strecke zwischen Kleinem Haus und Ritterbrunnen schnell überwunden werden kann: kriminalistisches Gespür und Dekoration statt Struktur- und Raumplanung. Kein Wunder, dass bei solch rührendem Flicken an Symptomen die Problemzonen des Parkes, und das sind seine Ränder, in das Blickfeld geschäftlicher Ambitionen geraten. Nun muss in unserem marktwirtschaftlichen System Architektur zum grossen Teil durch private Investition verwirklicht werden. In exponierter Lage aber, an stadtwirksamen Brennpunkten, muss sich das private Interesse am öffentlichen Wohl orientieren, ob das Rizzi Haus dem Schlosspark nutzt, muss gründlicher untersucht werden, denn die suggestiv-optimistische Werbung der Initiatoren, die schnelle Zustimmung der Behörden und die breite Sympathie in der Öffentlichkeit sind nicht unbedingt ein Beweis für "Nachhaltigkeit" und Qualität.

 

Inhalt | Braunschweig: Umfahren - Durchfahren - Einfahren

 

1999 Richard Borek Stiftung, Theodor-Heuss-Strasse 7, 38090 Braunschweig.
Die 28-seitige Broschüre ist für 2 Mark Schutzgebühr bei Borek am Dom erhältlich.

Magniviertel www.magniviertel.de