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Cord Machens: "James Rizzi in Braunschweig - Glücksfall oder Fehlbesetzung"

Braunschweig

Die Schlösser

Dazu wählten sie sich - denn die Burg war nach Verlusten und Umbauten längst nicht mehr präsentabel - eben das Gelände, das sie sich in den Jahrhunderten Wolfenbüttler Diaspora vorbehalten hatten: das der loyalen Orden. Seit 1587 hatten die Herzöge den "Grauen Hof", nach den Kutten der Zisterzienser so benannt, als Residenz genutzt. Es war ein harmloser Gebäudekomplex.

Lagepläne
Schlossplatzgelände
Die Höfe (A: Templer-, B: Deutschordens-, C: Grauer Hof), das alte Schloss (vor 1800).
Das neue Schloss (nach 1830), der Schlosspark (1975).
 

1718 begann ein umfangreicher Neubau unter Herrmann Korb. Die alten Gebäude wurden abgerissen, nur die Tempelhofkapelle als Geheimratsstube erhalten. Bedeutender als Korbs derber Massizistischer-spätbarocker "Zopf"-Stil ist die baukörperliche Figur: Die Flügelbauten, in Fachwerk errichtet, divergieren weitausladend, wobei sie noch einmal vorspringen. Der massive Mittelbau, die Corps de Logis wurde erst 1790 von Langwagen, nun im reineren Klassizismus, vollendet. Schon vorher, 1753, zog der Hof ein. Im Süden schlossen sich die Marstallgebäude an, im Norden der barocke Schlossgarten. Das Schloss selbst aber war ein Geschenk an die Stadt, der Hof als Platz der sich mit verhaltenem Anspruch zum Bohlweg öffnete, dieser Hauptachse der Stadt, der er nun Haltepunkt und Zentrum war. Das sumpfige Vakuum war zum städtischen Raum mutiert, vergleichbar nur mit dem von Martinichor, Rathaus und Gewandhaus, mittelalterlich heterogen gefassten Altstadtmarkt. Die Architektur dient dem Raum, dort wie hier und der Schlosshof war, als Architektur demokratischer als bisweilen die Herrschaft der Herzöge, dem "Volk" gelegentlich geöffnet. 1830, bei einer kleinen Revolution, wurde der "Graue Hof" angesteckt, undankbar und unbedacht, denn das Neue Schloss zeigte eine gänzlich andere Haltung.

Es war ein kräftiger Bau mit drei hohen Geschossen, die kurzen Flügel nach Osten gekehrt, vom Bohlweg weg orientiert war nun der Hof kein Platz für die Stadt. Die Front zum Bohlweg deutete mit Portikus und Eckrisaliten Raum nur an, der durch niedere Viertelkreis-Kolonnaden zum Platz gefasst werden sollte, die aber, von Ottmer geplant, nie gebaut wurden. Das Gebäude war zudem auf rustiziertem Sockel gleichsam der Fussgängerebene enthoben. Im Grauen Hof war noch der ganze Sockel in Arkaden aufgelöst. Statt der raumbildenden und einladenden Fachwerkwände stand nun ein Solitär unnahbar am Bohlweg, dessen monumentale Geste Raum nur noch andeutete, sich in die Stadtstruktur zwar gestellt hatte aber sich gleichzeitig aus ihr löste. Immer noch städtebaulich wichtig für den Bohlweg, aber nicht mehr herzlich wie Korbs liebenswerter Barock.

1860 brannte auch dieses Schloss ab, wurde aber fast unverändert wieder aufgebaut, um im Zweiten Weltkrieg, nachdem es die Nationalsozialisten missbraucht hatten, schwer aber nicht unrettbar beschädigt zu werden. 1960 wurde es abgerissen, das mag politisch verständlich gewesen sein, schuf aber die immer noch nicht geheilten städtebaulichen Wunden. Nach 750 Jahren wieder dasselbe Problem, die Mitteloker und der Wendenmühlengraben sind verrohrt, das Gelände trocken und grün, aber wieder ein Vakuum, das nun nicht mehr zwischen den Weichbilden liegt sondern von verstreuter Bebauung umstanden ist. In ihr mag der Ego-Trip des Rizzi Hauses eine auffällige Rolle spielen, ob er dem Stadtraum dient, wie es die ganz unterschiedlichen Schlösser auf ihre Weise getan haben, das ist die Frage.


 

Inhalt | Exkurs I: Die Moderne: Gemalt, Gebaut und Collagiert

 

1999 Richard Borek Stiftung, Theodor-Heuss-Strasse 7, 38090 Braunschweig.
Die 28-seitige Broschüre ist für 2 Mark Schutzgebühr bei Borek am Dom erhältlich.

Magniviertel www.magniviertel.de